Zwischen Energiewende und urbanem Strukturwandel

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Die Stadt Cuxhaven baut ihre national maßgebliche Rolle als Zentrum der Offshore-Industrie aus. Vor wenigen Tagen hat Siemens angekündigt, 135 Millionen Euro in sein dortiges Werk zu investieren. In Cuxhaven will das Unternehmen innovative Akzente für die Produktion von Offshore-Windenergieanlagen setzen. Zukünftig sollen in Cuxhaven wichtige Komponenten für den Bau von Anlagen mit einer Leistung von 14 Megawatt entstehen. Für die Stadt bedeutet dies, nachdem das Siemens-Werk 2018 an den Start ging, einen weiteren Meilenstein im Strukturwandel. Zudem untermauert die privatwirtschaftliche Investition ein wichtiges Anliegen Cuxhavens an den Bund: nämlich die Förderung des Hafenausbaus.

Ausbau der Offshore-Kapazitäten für Energiewende essenziell

OBM Uwe Santjer (Quelle: Stadt Cuxhaven)
OBM Uwe Santjer (Quelle: Stadt Cuxhaven)

Denn für die deutsche Energiewende ist das Engagement von Siemens wegweisend. Nach den Plänen des Bundes ist das Ausbauziel für Offshore-Windenergie eine Leistung von 30 Gigawatt im Jahr 2030. Derzeit liegt die Leistung bei acht Gigawatt. Um das Ziel zu erreichen, ist folglich der Aufbau neuer Kapazitäten zwingend erforderlich. Das Werk in Cuxhaven kann hinsichtlich der Anlagenproduktion hierzu einen entscheidenden Beitrag leisten. Die Turbinen der hier hergestellten Maschinenhäuser sind in der Lage, Energie für 19.000 Haushalte zu produzieren.

Mit dem Siemens-Werk bildet Cuxhaven, wo sich ein Cluster von Unternehmen der Offshore-Branche formiert hat, eine Grundlage des nötigen Kapazitätsausbaus für Offshore-Windenergie. „Dies ist ein Gelingensfaktor auch für die deutsche Energiewende“, sagt Oberbürgermeister Uwe Santjer im Gespräch mit #stadtvonmorgen. Doch Santjer mahnt: Dafür seien die infrastrukturellen Voraussetzungen zu schaffen. Konkret geht es um den Ausbau des Hafens um drei weitere Liegeplätze auf einer Strecke von 1.250 Metern und eine Beteiligung des Bundes in Höhe von 100 Millionen Euro. (Das vollständige Interview mit Santjer erscheint mit dem #stadtvonmorgen-Newsletter am 13. März; Anmeldungen hier.)

Investitionen in den Hafen entscheidend für Offshore-Standort

Für den Hafenausbau hat das Land Niedersachsen bereits 100 Millionen Euro zugesagt. Auch privatwirtschaftliche Mittel von der ansässigen Hafenwirtschaft in Höhe von ebenfalls 100 Millionen Euro stehen laut Santjer in Aussicht. Nun sei der Bund am Zug, seinen Beitrag für Infrastrukturausbau zu leisten. Das liege in nationalem Interesse, sagt Santjer.

Der Hafen von Cuxhaven sei der einzige in Deutschland, für den ein Ausbauplan festgestellt ist. Stehe die Finanzierung, könne der Ausbau also direkt starten. Santjer: „Brisant ist allerdings, dass die Planfeststellung im Frühjahr 2025 endet. Insofern besteht ein gewisser Entscheidungsdruck nicht zuletzt hinsichtlich des deutschen Ausbauziels für Offshore-Windenergie.“

Logistikdrehscheibe: der Hafen von Cuxhaven (Quelle: Stadt Cuxhaven/Agentur für Wirtschaftsförderung/Scheer)
Logistikdrehscheibe: der Hafen von Cuxhaven (Quelle: Stadt Cuxhaven/Agentur für Wirtschaftsförderung/Scheer)

Neue urbane Perspektiven durch Offshore-Industrie

Für die vom Strukturwandel gebeutelte Stadt bedeutet die Investition von Siemens eine zusätzliche Dynamik. Zuletzt hatte Cuxhaven, die zu den höchstverschuldeten Kommunen der Republik zählt, insbesondere mit Einbrüchen in der Fischereiindustrie zu kämpfen. Der Fokus auf die zukunftsträchtige Offshore-Branche verleiht dem Wirtschaftsstandort eine neue Perspektive.

Die rund 50.000 Einwohner große Stadt verzeichnet in diesem Bereich nicht nur diverse Ansiedlungen aus Wissenschaft und Wirtschaft, sondern auch eine positive Trendwende, was ihre Zahl an Einwohnern und Arbeitsplätzen betrifft. Im Siemens-Werk arbeiten 800 Menschen, mit der Investition sollen 200 neue Jobs entstehen.

Info

Das vollständige Interview mit Oberbürgermeister Uwe Santjer erscheint mit dem #stadtvonmorgen-Newsletter am 13. März; Anmeldungen hier. Im nächsten E-Magazin (Erscheinungstermin 17. April) liefert #stadtvonmorgen außerdem einen Hintergrundbericht zum Strukturwandel Cuxhavens. Newsletter-Abonnenten erhalten das E-Magazin in ihr Postfach.

a.erb@stadtvonmorgen.de

Andreas Erb ist Redakteur im Public Sector des F.A.Z.-Fachverlags. Für die Plattform #stadtvonmorgen berichtet er über urbane Transformationsprozesse, die Stadtgesellschaft und die internationale Perspektive der Stadt. Seit 1998 ist der Kulturwissenschaftler als Journalist und Autor in verschiedenen Funktionen tätig, seit 2017 als Redakteur im F.A.Z.-Fachverlag.