Mit Blick auf die Finanzierung der urbanen Transformation fordert Christian Schuchardt, Oberbürgermeister der Stadt Würzburg, im Gespräch mit den Redaktionen von Der Neue Kämmerer (DNK) und #stadtvonmorgen mehr Handlungsspielräume für Kommunen. „Es bedarf nicht immer neuer Förderprogramme, die einen bürokratischen Aufwand mit sich bringen. Weitaus zielführender wäre, wenn gerade hinsichtlich epochaler Transformationsprozesse, für die es keine Blaupause gibt, die Mittelbereitstellung wirkungsorientiert und pauschal erfolgt“, sagt Schuchardt im Interview an die Adresse von Bund und Ländern. „Die Kommunen wissen am besten, wo vor Ort der Schuh drückt und mit welchen Maßnahmen sie die größte Wirkung entfalten.“
Transformation: Größeres Vertrauen in die Kommunen
Bund und Länder müssten der kommunalen Ebene diesbezüglich ein größeres Vertrauen entgegenbringen. „Nicht zuletzt in der Flüchtlingskrise, während der Coronapandemie oder im Kontext des Ukrainekonflikts haben die Kommunen gezeigt, dass sie Problemlöser sind und dass sie in hoher Eigenverantwortung handeln können“, unterstreicht Schuchardt. Zu den wichtigen Themenfeldern, was urbane Transformation betrifft, zählt Schuchardt die Energie- beziehungsweise die Wärmewende, die Verkehrswende und die zukunftsfähige Ausrichtung des kommunalen Gebäudebestands.
Um die notwendigen Investitionen stemmen zu können, brauche es auch auf kommunaler Ebene eine klare Priorisierung. „Es gilt, das Kamel durch das Nadelöhr des Haushalts zu bringen“, meint Schuchardt. „Wichtig ist vor allem, dass dies nicht nach dem Zufallsprinzip geschieht, sondern möglichst strategisch und analytisch.“ Der urbane Wandel sei eine Frage der Balance und der Finanzierung. Kommunales Handeln und kommunale Investitionen müssten nachhaltig sein. „Es gilt, die Maßnahmen nach ihrer größtmöglichen Wirkung in den Dimensionen E, S und G zu priorisieren.“
Nachhaltigkeit: Investitionen nach dem ESG-Prinzip
In den vergangenen Jahren sei Nachhaltigkeit gerade in Stadtgesellschaften oft im Kontext der Klimaschutzbewegung „Fridays for Future“ oder des Ausrufens des Klimanotstands diskutiert worden. „Wir waren also stark auf das E, Environmental oder Ökologie, fokussiert.“ Auf der kommunalen Ebene müsse es aber auch um das S, soziale Nachhaltigkeit, und um das G, die Governance, gehen, betont der Oberbürgermeister. „Das G der Nachhaltigkeit bedeutet auch Generationengerechtigkeit beim Schuldenstand, den wir sowohl unseren Kindern als auch den Nachfolgern in unseren Ämtern hinterlassen.“ Kommunalverantwortliche stünden stets vor der Aufgabe, „die Balance zu finden zwischen Ansprüchen, Möglichkeiten und Ressourcen beziehungsweise Finanzmitteln“.
Das vollständige Gespräch mit Schuchardt ist online bei DNK hier zu finden. Das Interview steht im Kontext des 20. Deutschen Kämmerertags, den die Fachzeitschrift Der Neue Kämmerer gestern und heute in Berlin ausrichtet. Der Ex-Kämmerer Schuchardt eröffnete am Montagabend das Kongressprogramm.
Andreas Erb ist Redakteur im Public Sector des F.A.Z.-Fachverlags. Für die Plattform #stadtvonmorgen berichtet er über urbane Transformationsprozesse, die Stadtgesellschaft und die internationale Perspektive der Stadt. Seit 1998 ist der Kulturwissenschaftler als Journalist und Autor in verschiedenen Funktionen tätig, seit 2017 als Redakteur im F.A.Z.-Fachverlag.